PHYTOÖSTROGENE GALORE TEIL 2

Im vorangegangenenBlogpost hatten wir bereits über die Phytoöstrogene – insbesondere die Lignane – geschrieben. In diesem Artikel geht es darum wo Phytoöstrogene natürlich vorkommen, was sie in unserem Körper machen und wie man sie am Besten einnimmt.

FÜR GANZ EILIGE

  • wichtigste Quellen: Soja, Leinsamen, Sesam
  • Antibiotika und ballaststoffarme Ernährung können die Aufnahme von Lignanen verschlechtern
  • “An apple and some flaxseeds a day, keeps the doctor away.”

WO KOMMEN PHYTOÖSTROGENE NATÜRLICH VOR?

Das ist die gute Nachricht: Phytoöstrogene kommen im gesamten Spektrum der Pflanzenwelt vor. Die wichtigste Klasse von Phytoöstrogenen in unserer westlichen Ernährung bilden die Lignane, die in Saaten, insbesondere in Leinsamen, aber auch in Getreide und Gemüse vorkommen.

Lebensmittelgruppen mit abnehmendem Gehalt an Phytoöstrogenen pro 100 g sind:

  • Nüsse und Ölsaaten
  • Sojaprodukte
  • Getreide und Vollkornbrot
  • Hülsenfrüchte
  • Obst

Aber selbst einige alkoholische Getränke – Rotwein zum Beispiel – und nicht alkoholische Getränke wie Kaffee und Orangensaft können uns mit Phytoöstrogenen versorgen. Es wäre nur nicht unsere erste Wahl.

Die absoluten Stars gemessen am Gehalt an Phytoöstrogenen sind:

  • Sojaprodukte: Sojabohnen, Sojanüsse, Tofu, Tempeh, Miso Paste, Soja Joghurt
  • Leinsamen – sie enthalten ungefähr das hundertfache an Lignanen im Vergleich zu anderen pflanzlichen Lebensmitteln
  • Sesam – ebenfalls reich an Lignanen

Und mit sehr viel Abstand folgen:

  • Vollkornbrot, insbesondere solches mit viel Leinsamen
  • Hummus / Kichererbsen
  • Knoblauch
  • Olivenöl
  • getrocknete Aprikosen und Datteln

Und es fällt dir sicher auf, dass alle diese Nahrungsmittel auch gleichzeitig sehr gute Quellen für gute Kohlenhydrate, Ballaststoffe, gute Fette und Mikronährstoffe sind. 

WIE KOMMEN SIE BEI UNS IM BLUT AN?

Ob die Phytoöstrogene auch bei uns im Blut ankommen hängt allerdings von einigen Faktoren ab. Der Wichtigste ist, dass wir sie, so wie wir sie mit der Nahrung aufnehmen, noch gar nicht im Darm absorbieren können. Dazu braucht es zunächst einmal gutes Kauen. Isst man zum Beispiel Leinsamen im Ganzen und kaut diesen nicht richtig gut durch, dann kommt davon auch fast nichts bei uns im Blut an. Man kann dies anhand des im Urin schließlich ankommenden Gehalts an verstoffwechseltem Lignan – Enterodiol und Enterolacton – messen. Kaut man seine Leinsamen dagegen sehr gut – so dreißigmal – oder isst man sie feinst geschrotet oder als Pulver, hat man am meisten von den darin enthaltenen Lignanen.  

Ist die erste Hürde genommen, braucht es ein Heer an guten Darmbakterien. Denn ohne die läuft nichts. Sie wandeln z.B. die Lignane erst weiter um in ihre östrogenaktive Form, die Enterolignane. Von denen gibt es genau zwei, nämlich Enterodiol und Enterolacton. Und diese beiden östrogenaktiven Stoffe werden letztendlich über die Darmschleimhaut aufgenommen. Ein gesundes Mikrobiom ist also Voraussetzung für eine gute Ausbeute der Phytoöstrogene aus der Nahrung.

Antibiotika und eine ballaststoffarme Ernährung verschlechtern somit auch die Aufnahme. Allerdings kann man mit einer ballaststoffreichen Ernährung auch gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: eine ballaststoffreiche Ernährung liefert viel Phytoöstrogene und die Ballaststoffe lassen die Bakterien ein Festmahl im Darm feiern. Wenn man dauerhaft die von der DGE empfohlenen 30g Ballaststoffe am Tag zu sich nimmt, wenig Gebrauch von Antibiotika macht und sich auch sonst vorwiegend pflanzenbasiert ernährt, macht man vieles richtig.

KANN MAN PHYTOÖSTROGENE AUCH ISOLIERT EINNEHMEN? 

Isolierte Isoflavone werden u.a. als Alternative zur Hormontherapie diskutiert und entsprechende Nahrungsergänzungsmittel mit Isoflavonen aus Rotklee oder Soja auf den Markt gebracht. Auf Verbraucherzentrale.de werden hingegen insbesondere Frauen mit östrogenabhängigem Brustkrebs vor der Einnahme solcher Präparate gewarnt. Aber auch allen anderen Frauen, die sich mit Phytoöstrogenen in Verbindung mit hormonellen Beschwerden beschäftigen, wird eher Angst davor gemacht. Der Grund: die Wirkung sei nicht nachgewiesen. Allerdings wird daran auch fortwährend weiter geforscht und wir bleiben dran am Thema. Weiter führt die Verbraucherzentrale aus, dass aufgrund mangelnder Datenlage noch nicht geklärt sei, inwiefern isoflavonhaltige Produkte gesundheitlich unbedenklich sind. Außerdem würden einige isoflavonhaltige Produkte die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) empfohlene Tagesdosis überschreiten. Es ist ohne Frage sicherer, Isoflavone aus der Nahrung zu beziehen. 

Und selbst für Brustkrebspatientinnen hat die American Cancer Society 2013 ihre Haltung revidiert und gesagt, dass selbst Brustkrebspatientinnen gefahrlos isoflavonreiche Lebensmittel essen können. Auch das Deutsche Krebsforschungszentrum schreibt dazu: “Isst man gelegentlich Soja-Produkte im Rahmen einer abwechslungsreichen Ernährung, gilt das selbst für Brustkrebspatientinnen als unbedenklich.”

DAS BESTE KOMMT ZUM SCHLUSS

Bei der Recherche zu Phytoöstrogenen mussten wir uns selber irgendwann stoppen, um sich nicht in den ganzen Studien zu verlieren. Es ist einfach unfassbar spannend. Phytoöstrogene sind wahre Wunderwerke und ich frage mich, warum nicht jede Frauenärztin und jeder Frauenarzt uns Patientinnen zum täglichen Verzehr von phytoöstrogenreichen Lebensmitteln rät. Oder zumindest bei den Vorsorgeuntersuchungen könnte man einen Flyer in die Hand gedrückt bekommen. Stattdessen werden Phytoöstrogene selbst in Fachseminaren zu Wechseljahren der Deutschen Menopausen Gesellschaft nur sehr stiefmütterlich behandelt. Dort wird an  Arzneimitteln alles thematisiert, was für Frauen in dieser Lebensphase hilfreich sein könnte, aber im Verhältnis kamen pflanzliche Mittel nur sehr spärlich vor.

Fest steht: gesunde Frauen sollten täglich phytoöstrogenreiche Lebensmittel wie beispielsweise Leinsamen, Sojaprodukte oder Sesam zu sich nehmen. Wir erweitern einfach mal den Satz: “An apple a day …” um den Zusatz “An apple and some flaxseeds a day, keeps the doctor away.” In diesem Sinne bleib schön gesund.

QUELLEN

  1. Thompson, Lilian U., et al. “Phytoestrogen content of foods consumed in Canada, including isoflavones, lignans, and coumestan.”Nutrition and cancer 54.2 (2006): 184-201.
  2. Verbraucherzentrale.de, Marktcheck: Isoflavone für die Wechseljahre, 20.02.2020, Link
  3. Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums, Wechseljahre: Krebsrisiko durch Hormone? Link